Aus der Hjartarhorn: Von Sonne, Mond und
dem Bären Skappa
... Nur
die Seher benutzen heute noch den alten Sonnenkalender, der
18 Monate mit je 20 Tagen kennt, zu denen fünf Unglückstage
hinzukommen. Als die Woche noch fünf Tage hatte, wanderte
die Sonnenscheibe launisch über den Himmel, wie es ihr
gefiel. Selten war es Nacht. Also beschlossen die Sippen mithilfe
der Feengeister einen Zauberbogen zu bauen. Mit diesem Zauberbogen
schossen sie auf die Sonnenscheibe und ein Teil von ihr zersprang
in unendlich viele Stücke, die sich zu Sternen formten.
Die Sonnenscheibe versteckte sich beim Mond in der Tiefenwelt.
So wurde es ewige Nacht. Doch in der Tiefenwelt fand und jagte
sie ein mächtiger Geisterbär, der sie auch biss. Der
Bär wurde weiß und die Sonne verlor weiter an Kraft.
Der Bär rollte die Sonnenscheibe wieder an die Erdenoberfläche.
Indes beschlossen die Menschen, die Sonne zu suchen und so ritten
einige Krieger gen Osten. Als man sie fand, fing man sie mit
einem Seil ein und züchtigte sie mit einer Haselnussrute.
Man zwang die Sonnenscheibe in ein Geweih eines Geisterrentieres,
welches daraufhin mit ihr über den Himmel ritt. So wurde
es wieder Tag.
Infolgedessen kam es, dass eine Rentierherde von 365 geisterhaften
Tieren für die Sonnen- und Mondwanderungen Sorge trägt.
So wird jeden Tag die Sonnenscheibe im Geweih eines Rentieres
von Osten nach Westen über die Himmelswelt getragen, während
die Herde das tragende Tier begleitet. Jede Nacht rollt der
mächtige Weiße Bär die Sonnenscheibe mittendurch
die Tiefenwelt, bis ein wartendes Rentier sie wieder übernehmen
kann, um den Tag zu bringen. Während nachts die Sonne durch
die Tiefenwelt rollt, wandert ebenfalls der Mond im Rentiergeweih
über die Himmelswelt. Jedes Rentier trägt einmal im
Jahr den Mond und die Sonne. Nur der Bär kann nicht ruhen.
Doch weil ihm ab und an die Last zu beschwerlich wird, beißt
er Stücke vom Mond ab. Diese fehlenden Stücke werden
in der tiefen Erde zu zauberhaften Silber und Salz. Aber ebenso
verliert unaufhörlich die Sonne Gold auf ihrem Weg durch
die Tiefenwelt. Die Rentiere pflücken am Himmelszelt Licht
und fügen so der Mond- und der Sonnenscheibe Sterne hinzu,
um sie erneut zu füllen. Sonne und Mond sind mal länger
mal kürzer am Himmel zu sehen. Das hat oft mit der Müdigkeit
der Geistertiere zu tun, manchmal aber auch damit, dass die
Geistertiere in Unordnung geraten sind, sich verlaufen oder
ein Störenfried Ärger macht.
Ahnengeister und Zauberwesen sind bei den Sonnen- und Mondwanderungen
ab und an als Hirten behilflich und wehren Gefahren ab. Mitunter
treiben sie die Geistertiere an, falls sie bummeln oder müde
sind; Gelegentlich ermahnen sie die Tiere zur Ruhe. Die Rentiere
sind als Herde der Horfa bekannt. Der Geisterbär trägt
den Namen Skappa ...
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